Gewaltfreie Kommunikation (GFK)

Warum enden Streitgespräche so häufig in einer endlos erscheinenden Schleife von Vorwürfen und Gegenvorwürfen? Weil die Aussagen, die in solch einem Gespräche vorkommen als Angriffe verstanden werden, gegen die man sich reflexhaft mit einem Gegenangriff verteidigt.

Der amerikanische Psychologe Dr. Marshall B. Rosenberg hat das erkannt und schlägt für seine Gewaltfreie Kommunikation vier Schritte vor, die solchen Sprengstoff aus den Gesprächen nehmen:

Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte.

 

Beobachtung:

Wenn wir auf eine bestimmte Situation reagieren, wird diese Situation beschrieben ohne sie zu bewerten, weil damit vermieden wird, den Zuhörer unnötig zu provozieren.

 

Gefühl:

Es ist wichtig, auch die Gefühle wahrzunehmen, die wir in dieser Situation haben, weil sie Rückschlüsse auf unsere erfüllten oder nicht erfüllten Bedürfnisse erlauben.

 

Bedürfnis:

Über die Gefühle können wir die Bedürfnisse erkennen, d.h. das, was wir brauchen und was uns wichtig ist. Um die einzelnen Bedürfnisse zu erfüllen, gibt es verschiedene Strategien.

Wenn wir z.B. Erholung brauchen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies zu erreichen: Einen Spaziergang oder eine Fahrradtour machen, in die Sauna oder ins Kino gehen, Lesen, Schlafen etc.

Konflikte ergeben sich auf der Ebene der Strategien. Daher hilft es bei einem Konflikt enorm, zwischen Bedürfnissen und Strategien zu unterscheiden. Bedürfnisse müssen respektiert werden, Strategien können verhandelt werden.

 

Bitte:

Wenn man Unterstützung braucht, um ein Bedürfnis zu erfüllen, kann man darum bitten. Es ist wichtig, dass die Person, die man bittet, diese Bitte freiwillig erfüllt. Denn wenn sich jemand unter Druck gesetzt fühlt, führt dies auf Dauer zu Widerwillen und Groll.

Eine Bitte sollte klar, konkret und umsetzbar sein. Rosenberg gibt ein überzeugendes, lustiges Beispiel für eine fehlgeschlagene Bitte:

Eine Frau bat ihren Mann, nicht mehr soviel Zeit bei der Arbeit zu verbringen. Drei Wochen später reagierte er mit der Ankündigung, dass er sich für ein Golfturnier angemeldet hatte. Die Frau hatte ihrem Mann gesagt, was sie nicht wollte.

 

 

Wenn wir mit diesen vier Schritten empathisch auf unsere Gegenüber zugehen, können wir die Welt für uns und unsere Mitmenschen angenehmer gestalten, denn wir alle haben - mit unterschiedlichen Ausprägungen und Prioritäten - dieselben Bedürfnisse; und dies ist die Basis für gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung.

Im Vordergrund steht eine klare, authentische und empathische Haltung, die es auf der einen Seite erlaubt, sich abzugrenzen, und auf der anderen Seite fordert, dass niemand seine Bedürfnisse auf Kosten anderer durchsetzen darf.

Das Erkennen der eigenen Bedürfnisse ist für uns wichtig, weil wir einerseits auf diese Weise unsere positiven und negativen Gefühle verstehen und auswerten können, und andererseits die Möglichkeit erhalten, unsere Bedürfnisse entweder uns selbst zu erfüllen oder andere zu bitten, uns dabei zu helfen.

Rosenberg geht davon aus, dass der Wunsch zu helfen, in allen Menschen angelegt ist. Er war aber nicht so weltfremd zu glauben, dass man sich eine GFK-Kompetenz nur anzueignen braucht, um alle Konflikte zu vermeiden. Er war allerdings der Meinung, dass wenn man einen Weg findet, die gegenseitigen Bedürfnisse darzulegen und zu verstehen, sich Lösungen für die Konflikte finden werden.

 

Ich bin davon überzeugt und erlebe es selbst, dass von der GFK geprägte Haltungen und entsprechende Kommunikationsformen in allen Lebensbereichen einen sehr positiven und friedfertigen Effekt haben, egal ob es sich um die eigene Familie, den Ausbildungsplatz, den Arbeitsplatz oder den Kindergarten handelt; denn schon kleine Kinder sind erfreut, wenn man ihren Wunsch nach Selbstständigkeit respektiert und sie sind auch in der Lage, Empathie zu erwerben.

 

Die Entwicklung dieser Grundhaltung mit dem Ziel einer gelungenen Kommunikation steht im Mittelpunkt meiner Seminare und Veranstaltungen.